Frisörmeisterin Schneider schenkt bedürftigen Menschen eine neue Frisur
(veröffentlicht am Di, 16. September 2014 auf badische-zeitung.de)

In den Genuss eines Rundum-Services für die Haare sind die Besucher des Freiburger Essenstreffs gekommen, eines gemeinnützigen Vereins, der Wohnsitz- und Obdachlose unterstützt.

In der Regel nimmt sich Frisörmeisterin Johanna Schneider für jeden ihrer Kunden eine Stunde Zeit. Eine ganzheitliche Beratung, bei der sie Tipps zur Haargesundheit und einem zur Persönlichkeit passenden Haarschnitt gibt, sind ihr wichtig. In den Genuss dieses Friseurservice sind am Montag die Besucher des Freiburger Essenstreffs gekommen, eines gemeinnützigen Vereins, der Wohnsitz- und Obdachlose unterstützt. Schon am Vormittag hatte Johanna Schneider im Freiburger „Freiraum“ Frauen, die in Wohnungsnot geraten sind, einen kostenlosen Haarschnitt ermöglicht.

„Eine Bereicherung“ sei dieses Angebot, betont Essenstreffleiterin Anna Faller, viele seien traurig, dass sie nicht mehr dran kämen. 16 Männer und Frauen haben sich auf der Anmeldeliste eingetragen. Gut die Hälfte wird Johanna Schneider an diesem Nachmittag schaffen.

30 Minuten braucht sie für einen Haarschnitt, das Waschen übernehmen die Kunden selbst. Am Waschbecken stehen Handtücher und zwei Flaschen Shampoo bereit. Das Föhnen „übernimmt die Sonne,“ sagt Johanna Schneider fröhlich. Gut gelaunt und geduldig stellt sie sich der Aufgabe, ungepflegtes Haar und lange vernachlässigte Schnitte wieder in Form zu bringen.

Besonders anspruchsvoll ist ihre Kundschaft, die an diesem Tag vorwiegend aus Frührentnern und Hartz IV-Empfängern besteht, dabei nicht. „Kürzer schneiden bitte,“ lautet der schlichte Wunsch ihres ersten Gastes. Wie sie ihr Haar pflegen, möchte die junge Friseurmeisterin von jedem ihrer Kunden wissen, ob sie es föhnen oder lufttrocknen lassen.

„Du bist doch schon schön genug“, neckt einer der Umstehenden seinen Kumpel. Ein anderer möchte wissen, warum es denn so lange dauert. Aber Johanna Schneider lässt sich nicht aus der Ruhe bringen. Sie begegnet der Situation mit einem charmanten Lächeln und bleibt ihren Grundsätzen treu: Ein passgenauer Haarschnitt braucht Zeit. Der Kunde soll sich wohlfühlen, auch wenn er in diesem Fall nicht dafür bezahlt.

Zweimal im Jahr bieten Mitglieder des Vereins „Forum impulsgebender Friseure“ deutschlandweit sowie in Österreich und der Schweiz kostenlose Haarschnitte an. Durch die Aktion wollen sie auf soziale Probleme und auf die Arbeit ganzheitlich orientierter Friseure aufmerksam machen, bei der die Einzigartigkeit des Menschen im Vordergrund stehe.

Sehr zufrieden mit ihrer Arbeit sind auf jeden Fall ihre Gäste an diesem Montag. Verjüngt sieht Johanna Schneiders erster Kunde nach seinem Friseurbesuch aus, und so fühlt er sich auch. Er möchte ihr gerne ein Trinkgeld geben, aber Schneider lehnt dankend ab: „Geben sie es bitte jemandem, der es dringender braucht.“

 

Frisörmeisterin Schneider schenkt bedürftigen Menschen eine neue Frisur
(veröffentlicht am Di, 16. September 2014 auf badische-zeitung.de)